Warum die richtige Belüftung über den Wert Ihrer Gerste und Ihres Maises entscheidet

11.9.25
Andrea Ritter

Die Ernte ist der Höhepunkt des landwirtschaftlichen Jahres. Die Mähdrescher haben ihre Arbeit getan, die Felder sind leer und die Frucht monatelanger Arbeit – goldene Gerste und kräftiger Mais – ist eingefahren. Für viele mag die Arbeit hier beendet sein. Doch bei uns, der Firma Ritter in Illertissen, wissen wir: Jetzt beginnt eine der kritischsten Phasen für den Werterhalt Ihrer Ernte. In unseren Anlagen, die eine Lagerkapazität von 9.000 Tonnen umfassen, sind wir täglich Zeugen davon, wie ein entscheidender Faktor über Qualität, Sicherheit und letztlich den wirtschaftlichen Erfolg entscheidet: die Belüftung.

Viele Landwirte kennen das ungute Gefühl, wenn eine eingelagerte Partie bei der Qualitätskontrolle plötzlich als "muffig" oder "überhitzt" eingestuft wird. Die Ursache ist fast immer auf eine unzureichende oder falsche Belüftung zurückzuführen. Aber warum ist das so? Um das zu verstehen, müssen wir das Erntegut als das betrachten, was es ist: ein lebendiger Organismus.

Das verborgene Leben im Korn: Atmung und ihre Folgen

Auch nach der Ernte ist ein Getreidekorn biologisch aktiv. Es atmet. Bei diesem Prozess, der sogenannten Respiration, verbraucht das Korn Sauerstoff und gibt dabei drei Dinge ab: Wärme, Wasser und Kohlendioxid (CO2​). Dieser natürliche Stoffwechselprozess ist die größte Herausforderung in der Getreidelagerung.

Stellen Sie sich Tausende Tonnen Getreide in einem Silo vor. Jedes einzelne Korn produziert eine winzige Menge an Wärme und Feuchtigkeit. Ohne einen Abtransport summieren sich diese winzigen Mengen zu einem gewaltigen Problem. Es entstehen sogenannte "Hot Spots" – Zonen innerhalb des Schüttguts, in denen Temperatur und Feuchtigkeit gefährlich ansteigen. Diese Hot Spots sind die Brutstätten für eine Kaskade von qualitätsmindernden Prozessen:

  1. Schimmelpilzwachstum: Wo es warm und feucht ist, fühlt sich Schimmel wohl. Pilze wie Aspergillus flavus oder Penicillium breiten sich explosionsartig aus. Sie zersetzen nicht nur die wertvollen Inhaltsstoffe des Korns, sondern können auch hochgiftige Mykotoxine (Pilzgifte) produzieren. Eine mit Mykotoxinen belastete Partie ist für die Verwendung als Lebens- oder Futtermittel oft unbrauchbar und stellt einen Totalverlust dar.
  2. Schädlingsbefall: Insekten wie der Kornkäfer oder die Getreidemotte lieben diese warmen, feuchten Nester. Bei Temperaturen über 20 °C finden sie ideale Bedingungen für ihre Vermehrung. Ein unkontrollierter Schädlingsbefall führt zu Fraßschäden, Verunreinigungen durch Kot und Gespinste sowie zu erheblichen Gewichtsverlusten.
  3. Qualitätsverlust: Die erhöhte Atmungsaktivität bei Wärme verbraucht die im Korn gespeicherte Energie – also Stärke und Proteine. Das senkt den Nährwert des Futtergetreides. Bei Braugerste ist die Keimfähigkeit von höchster Bedeutung; wird diese durch zu hohe Temperaturen geschädigt, ist die Gerste für die Mälzerei wertlos.

Die Belüftung ist das mächtigste Werkzeug, um genau diese Kaskade zu unterbrechen, bevor sie beginnt.

Die drei Säulen der Belüftungsstrategie

Eine professionelle Belüftung ist weit mehr als das bloße Hindurchblasen von Luft. Sie ist eine präzise gesteuerte Maßnahme mit drei klaren Zielen:

1. Temperaturmanagement: Das A und O ist die schnelle Abkühlung des Ernteguts auf eine sichere Lagertemperatur. Idealerweise sollte Getreide auf unter 15 °C heruntergekühlt werden. Bei diesen Temperaturen wird die Atmung der Körner drastisch verlangsamt. Gleichzeitig wird die Entwicklung von Schädlingen und Schimmelpilzen stark gehemmt oder sogar vollständig gestoppt. Die meisten relevanten Schadinsekten stellen ihre Fortpflanzung bei Temperaturen unter 13 °C ein.

2. Feuchtigkeitsausgleich: Selten kommt die gesamte Ernte mit einem exakt gleichen Feuchtigkeitsgehalt ins Lager. Durch die gezielte Luftzirkulation wird die Feuchtigkeit innerhalb des Silos homogenisiert. So werden feuchte Nester, die als Ausgangspunkt für Verderb dienen könnten, effektiv eliminiert. Unter den richtigen Bedingungen kann eine Belüftung mit trockener Außenluft dem Getreide sogar schonend weitere Feuchtigkeit entziehen und die Lagerstabilität erhöhen.

3. Abführung von Schadgasen und Wärme: Die Belüftung wirkt wie die Lunge des Silos. Sie transportiert die durch die Respiration entstandene Wärme, Feuchtigkeit und das CO2​ zuverlässig aus dem Getreidestapel ab. Das sorgt für ein stabiles und kühles Lagerklima und verhindert die Entstehung der gefährlichen Hot Spots.

Praxistipps: Gerste und Mais richtig belüften

Obwohl die Grundprinzipien gleich sind, haben Gerste und Mais spezifische Eigenheiten, die bei der Belüftung beachtet werden müssen.

  • Gerste: Besonders Braugerste ist eine Diva in der Lagerung. Ihre Keimfähigkeit muss zu 100 % erhalten bleiben. Eine zu aggressive Belüftung mit sehr kalter oder sehr trockener Luft kann zu Rissen im Korn führen und den Keimling schädigen. Hier ist eine sensible, schrittweise Abkühlung gefragt, die das Korn nicht unter Stress setzt.
  • Mais: Das Maiskorn ist größer und robuster. Der Hohlraum zwischen den Körnern ist größer, was bedeutet, dass die Luft mit weniger Widerstand durch das Schüttgut strömen kann. Allerdings wird Mais oft mit einer höheren Restfeuchte geerntet. Dies erfordert eine intensive und konsequente Belüftung direkt nach der Einlagerung, um die Feuchtigkeit schnell auf ein lagerstabiles Niveau zu senken und eine Erwärmung von Anfang an zu unterbinden.

Die goldene Regel der Belüftung lautet: Belüftet wird nur, wenn die Außenluft mindestens 5-7 °C kühler ist als das Getreide im Silo. In der Praxis bedeutet dies, dass die Lüfter vor allem in den kühlen Nacht- und frühen Morgenstunden laufen. Moderne Anlagen, wie wir sie bei Ritter in Illertissen einsetzen, arbeiten mit automatisierten Steuerungen und Temperatursensoren, die das Lagergut permanent überwachen und die Belüftung nur dann aktivieren, wenn die Bedingungen optimal sind.

Ihr Partner in der Lieferkette

Als spezialisierter Partner für Agrarhandel und Transporte verstehen wir bei Ritter unsere Rolle als entscheidendes Bindeglied in der Wertschöpfungskette. Wir übernehmen die Verantwortung für die uns anvertraute Ware und stellen sicher, dass die Qualität, die vom Landwirt über den Agrarhandel zu uns gelangt, bis zur Auslieferung an die Mühle oder den Futtermittelhersteller makellos erhalten bleibt.

Unsere 9.000 Tonnen Lagerkapazität sind mehr als nur ein Umschlagplatz. Sie sind ein Garant für Qualitätssicherung durch modernste Technik und tiefgreifendes Fachwissen. Für unsere Partner im Handel bedeutet dies absolute Verlässlichkeit und die Sicherheit, dass ihre Ware bei uns in den besten Händen ist. Denn nur wenn jedes Glied der Kette professionell arbeitet, bleibt der Wert der Ernte erhalten.